Bisher gab es keine Zinsen auf zu spät rückgezahlte Umsatzsteuerguthaben. Nun muss die Finanz in bestimmten Fällen Zinsen zahlen – entschied der Verwaltungsgerichtshof.

Bei hohen Umsatzsteuerrückzahlungen – sei es, weil man besonders hohe Vorsteuerbeträge geltend macht oder weil sich der Umsatz nachträglich reduziert hat – sieht die Finanz meist besonders gut hin. Im Rahmen einer Abgabenprüfung wird der Rechtsanspruch festgestellt. Manchmal dauert es allerdings Monate oder sogar Jahre, bis die Rückzahlung endlich auf dem Konto des Unternehmens landet.

Ein österreichisches Hotel machte 2007 Vorsteuern für einen Zubau in Höhe von 60.000 Euro geltend. Durch Abgabenprüfung und Beschwerdeverfahren wurde das Guthaben erst im Jahr 2013 ausbezahlt. Aufgrund der langen Verfahrensdauer beantragte man eine Verzinsung für das nicht ausbezahlte Umsatzsteuerguthaben.

Das Verfahren ging bis zum Verwaltungsgerichtshof (VwGH) und von dort weiter zum Europäischen Gerichtshof (EuGH), da sich das betroffene Unternehmen hinsichtlich Zinsen auf EU-Recht bezog.

Entscheidung des EuGH

Im Urteil vom 12. Mai 2021 (Rs C-844/19, TechnoRent International ua) entschied der EuGH, dass der Grundsatz der steuerlichen Neutralität der Umsatzsteuer dazu führt, dass Guthaben, die nicht innerhalb einer angemessenen Frist ausbezahlt werden, zu verzinsen sind. Und das unabhängig davon, ob es eine Regelung im nationalen Recht gibt oder nicht.

VwGH bestätigt

Wieder in Österreich präzisierte der VwGH mit dem Erkenntnis vom 30. Juni 2021 (Ro 2017/15/0035) den Zinsanspruch: Der Zinssatz soll gleich hoch sein wie jener für Anspruchs-, Aussetzungs- oder Beschwerdezinsen – das sind aktuell 1,38 Prozent p.a. Wann der genaue Beginn für einen Zinsenlauf ist, muss allerdings im Einzelfall festgestellt werden.

Was bedeutet das für die Praxis?

Wer schon lange auf die Auszahlung einer hohen Umsatzsteuergutschrift wartet, kann mit Verweis auf die EuGH- und VwGH-Judikatur Zinsen beim Finanzamt beantragen. Wie die Finanz diese Anträge behandelt, wird sich zeigen. Wir unterstützen Sie gerne!

Zu begrüßen wäre es, wenn die Bundesregierung das Urteil der Höchstgerichte aufgreift und eine gesetzliche Lösung schafft.

Verwaltungsgerichtshof: Ro 2017/15/0035 vom 30. Juni 2021

Europäischer Gerichtshof: Rs C-844/19, TechnoRent International ua